Die Kunst Musik zu machen.
Klangraum um die Kniende
mit den Ergänzungen zum Konzert vom 15. Dezember 2011.
Am Anfang war es die Neugier, die Musikinteressierte in die Glashalle des Lehmbruck Museums lockte, doch die Begeisterung folgte ihr auf dem Fuße. Die bisher fünf Konzerte in der Glashalle waren alle fast ausverkauft, einige bereits Wochen vorher. Die Erwartungen der Zuhörer wurden um ein vielfaches übertroffen und sie belohnten die Solisten mit mehreren „Vorhängen“.
Le Cafe du Dome, Paris Foto © Lehmbruck
Die Kunst Musik zu machen.
Klangraum um die Kniende
mit den Ergänzungen zum Konzert vom 15. Dezember 2011.
Am Anfang war es die Neugier, die Musikinteressierte in die Glashalle des Lehmbruck Museums lockte, doch die Begeisterung folgte ihr auf dem Fuße. Die bisher fünf Konzerte in der Glashalle waren alle fast ausverkauft, einige bereits Wochen vorher. Die Erwartungen der Zuhörer wurden um ein vielfaches übertroffen und sie belohnten die Solisten mit mehreren „Vorhängen“.
Le Cafe du Dome, Paris Foto © Lehmbruck
Was aber reizt die Menschen von Heute so an dieser Musik, die zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts entstand? Welche Einflüsse haben diese Kompositionen auf Musik in den nachfolgenden Jahrzehnten, ja sogar bis in das Jetzt? Gut wir haben uns weiterentwickelt sagen wir, aber haben wir das wirklich? Die Kreativen wollen in allen Schaffenszeiträumen und künstlerischen Ausdrucksformen neue Wege gehen. Dies geschieht immer auf der Basis des vorhandenen Wissens. Im Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts haben sich bildende und darstellende Künste jedoch auf unterschiedliche Pfade begeben. Die gegenseitige Inspiration wurde aufgrund der industriellen Vermarktung immer weniger gefragt. Mit einigen Ausnahmen aus den letzten Jahrzehnten beträgt die Halbwertzeit vieler Musikstücke derzeit nur wenige Jahre. In unserer schnelllebigen Zeit, in der unsere Sinne rund um die Uhr mit Reizen aller Art überflutet werden, suchen wir nach Ankerpunkten an denen wir unsere Emotionen festmachen können. Mit diesen Konzerten schafft es die Ausstellung als Gesamtes einen solchen Ankerpunkt zu bilden. Die Gastkuratorin Denise Wendel-Poray aus Paris hat mit der Auswahl der Musikstücke und den Solisten genau solche Ankerpunkte geschaffen. Für die darstellende Kunst ist es aus heutiger Sicht ein ungewöhnlicher Ort um sich zu präsentieren und es wirft sich die Frage auf, warum können bildende und darstellende Kunst nicht gemeinsam die Menschen erfreuen. In dieser Reihe fügt sich jedes einzelne Konzert aufgrund seiner Einzigartigkeit, sowohl bei der Auswahl der Stücke und ihrer Solisten zu einem wunderbaren Gesamtkunsterlebnis.
Hammerflügel von Broadwood & Sons
Foto © pianomuseum, Verlag Dohr
Der Querschnitt durch diese Zeitspanne der Kunstgeschichte wird durch die Authentizität des Flügels unterstrichen. Die Möglichkeit mit einem Instrument das aus Entstehungszeit der Kompositionen stammt, über den gesamten Konzertzeitraum die Stücke überzeugend wieder zugeben, ist dies eine wunderbare Möglichkeit. für Pianisten und Zuhörer. Der „Hammerflügel“ von Broadwood & Sons aus den frühen 1860er Jahren ist also nicht nur ein Ausstellungsstück das in diesem Zeitraum als Instrument sehr verbreitet war, sondern hier erfüllt er auch als Konzertflügel unter den Händen aller Pianisten den Raum der Glashalle mit seinem wunderbaren Klang.
Melanie & Florian Geldsetzer
Foto © C. Grochopp
Schon beim ersten Konzert in Glashalle des Lehmbruck Museums wurde man mitgenommen in die Zeit um 1910 und nach den ersten Sätzen aus Igor Stravinskys „Feuervogel“ war der Zeitsprung erreicht. Die Solisten des ersten Konzertes am 6. Oktober Florian und Melanie Geldsetzer (Violine/Klavier) hatten die schwierige Aufgabe den Konzertreigen unter dem Titel „Wilhelm Lehmbruck und die Geige“ zu eröffnen und damit auch gleichzeitig eine Hommage an den Geigenspieler Lehmbruck zu erbringen. Beide Solisten sind Mitglieder des Ensembles „Rheinisches Barock“ und dem Klavierquartett der Duisburger Philharmoniker. Florian Geldsetzer studierte bei Gerhard Peters in Köln und Michael Gaiser in Düsseldorf. Seit 1996 arbeitet er Konzertmeister bei den Duisburger Philharmoniker und der Deutschen Oper am Rhein. Melanie Geldsetzer studierte an Folkwang-Schule Klavier und Flöte, hier war sie auch über mehrere Jahre Korrepetitorin.
Nach einer Sonate von Gabriel Fauré und Claude Debussy`s erster Fassung von „Clair de lune“ bildete Francis Poulenc als Vertreter der nachfolgenden Generation mit einer Sonate aus dem Jahr 1942 den Abschluss dieses wunderbaren Konzertabends. 
Till Engel
Foto © Folkwang Universität der Künste
Der zweite Konzertabend am 20. Oktober wurde mit Werken von Frederik Chopin, Maurice Ravel und Robert Schumann von dem Folkwang Lehrer Till Engel und seiner Meisterschülerin Phuongmi Nguyen gestaltet.
Trio Imàge Foto © Larry D. Horricks
Beim dritten Konzert mit dem Titel „Maurice Ravel als Wegbereiter der Moderne“ am 3. November zeichneten Pavlin Nechev, Gergana Gergova und Thomas Kaufmann (Klavier, Violine, Violoncello) als Trio Imàge für die Zuhörer einen Regenbogen mit den Stücken von Maurice Ravel und Lili Boulanger. Das Trio Imàge, das es in dieser Zusammensetzung seit 2008 gibt, schaffte es den gesamten Raum mit der Farbigkeit der Musik zu füllen und die Zuhörer zu den Anfängen vor hundert Jahren mitzunehmen. Den Geist des Aufbruchs und die ungeheureren Kreativität konnte man mit jedem Takt und Atemzug spüren und aufnehmen. Die weiteren Stücke zeigte den Einfluss von Boulanger und Ravel auf die Kompositionen von Frank Martin als nächste Generation und Mauricio Kagel als Komposition die in diesem Jahrtausend entstand. Gerade die Kompositionen von Lili Boulanger zeigen die expressionistische Auseinandersetzung eines sensiblen Menschen mit den dunklen Bildern dieser Zeit in Europa um ihre Art der Farbigkeit dagegen zusetzten. 
Martin & Michaël Fotos © Duo Royaumont
Die beiden Pianisten Martin Surot und Michaël Guido brachten beim vierten Konzert am 17. November mit vier Händen und Stücken von Carl Maria von Weber, Alexander Borodin, Claude Debussy, Maurice Ravel und Igor Stravinskys „Die grandiosen Aufführungen des Ballets Russes“ im Jahre 1909 in das Heute an die Ruhr. Kennen gelernt haben sich die beiden Pianisten während ihres Studiums am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris (CNSMP) in der Klasse von Jean-François Heisser. Das Duo entstand auf anraten des Pianisten Rubens Lifschitz in der Abtei Royaumont. Zu Beginn dieses Abends stand die“Aufforderung zum Tanz“ von Carl Maria von Weber einem der bedeutenden der romantischen Schule zu Beginn des 19ten Jahrhunderts. Mit seinen Werken beeinflusste er die Entwicklung von Borodin Debussy, Ravel und Stravinskys die fast hundert Jahre später ihre Kompositionen aufs Blatt brachten. Bei der Darbietung an diesem Abend war er wieder zu spüren, der Geist einer unbändigen Kreativität.
Les Ballets Russes aus Meissen
Foto © Linde Arndt
Fotos © Christian Nielinger Fotos © Kirstin Hoebermann
Für Jonathan Darlington der bis 2011 noch Generalmusikdirektor der Duisburger Philharmoniker war, war es ein Auftritt vor heimischen Publikum. Die Sopranistin Kimy McLaren brachte zum ersten Mal den Gesang am 1. Dezember in diese Konzertreihe. Die Kanadierin aus Montréal stellte mit ihrer wunderbaren Stimme eine Symbiose beim „Treffen von französischer Melodie und deutschen Lied“ her. Die Lieder dieses Abends stammen fast ausschließlich von den Zeitgenossen Lehmbrucks, Die Komponisten wie Reynaldo Hahn, Ernest Chausson, Maurice Ravel, Claude Debussy, Francis Poulenc, Maurice Ravel, Henrich Korngold, Hugo Wolf und Richard Strauss fanden ihre Inspiration in der Poesie bei Paul Verlaine, Théophile de Viau, Maurice Bouchor, Theophile Gautier, Paul Verlaine, Tristan Klingsor, Pierre Louŷs, Paul Eluard, Joseph von Eichendorf, Eduard Mörike und Adolf Friedrich von Schach. Diese Lieder mit der Stimme von Kimy McLaren vorgetragen, waren das süße Wort, das oft mehr erfrischt als Wasser und Schatten.
Skreath Foto © Gerardo Garciano
Diese Aufführung am 15. Dezember mit Chiara Skerath (Sopran) und die Duisburger Philharmoniker als letztes Konzert in diesem Jahr bot in vieler Hinsicht den krönenden Abschluß der Konzertreihe. Es war ein wunderbarer Abend mit vertonten Gedichten und Liedern. Die Texte stammten von Heinrich Heine, Stéphane Mallarmé, und einem Unbekannten zur Geburt Buddhas. Die Komponisten Marurice Ravel, Claude Debussy, Maurice Delage und Christoph W. Gluck haben mit ihrer Vertonung der Gedichte den Worten eine raumfüllende Klangsprache verliehen. Das Quartett 2 aus dem Mallarmé-Zyklus des anwesenden Komponist Michel Denhoff macht deutlich die Modernen des Montparnasse werden an Rhein und Ruhr weiter geführt. Ein weiteres Stück großer Kultur ist das Gedicht Jeypur von Stanze von Bhartrihari aus dem 7. Jahrhundert mit der Vertonung von Maurice Delage aus dem Jahre 1912/13 gibt es der Sprachlosigkeit der Worte einen Klang von Poesie.
Denkt ihr an sie, so fühlt ihr schmerzliche Qual.
Seht ihr sie, so sind eure Sinne verwirrt.
Berührt ihr sie, so verliert ihr den Verstand.
Wie kann man sie nur Geliebte nennen?
Das die Poesie dieses Abends auch die Zuhörer vollkommen aufnahm, ist der Sopranistin Chiara Skerath ihrer jugendlichen Stimme und den Mitgliedern der Duisburger Philharmoniker Stephan Dreizehnter, Aileen Nowaczek, Dalia El Gundi, Andreas Oberaigner, Ulrich Samtenschneider, Susanne Bürger, Patrik Chestnut, Tonio Schibble, Johanna Reiß, Mathias Feger und Anja Schröder zu verdanken. Eines macht dieser Abend dabei sehr deutlich, die Kreativen ob zu Beginn des 20ten oder 21ten Jahrhunderts schöpfen ihre Kraft aus der mythologischen Basis unseres menschlichen Denkens.
Mit dem Konzert am 12. Januar findet diese Konzertreihe ihren vorläufigen Abschluß. An diesem Abend verläßt die Konzertatmosphäre die Bühne und die Straßenmusik hält mit den Solisten Arnaud Marorati, Anna Schmutz-Lacroix, David Venitucci, (Gesang, Akkordeon) Einzug in die Glashalle des Lehmbruck Museum.
Die künstlerischen Ausdrucksformen sind niemals selektiv zu betrachten, sie sind das Spiegelbild des Leben und der Auseinandersetzung mit der Zeit ihrer Entstehungsepoche. Mit seiner Knienden hat Wilhelm Lehmbruck, diese Wechselbeziehung der einzelnen Ausdrucksformen von Bildhauerei, Malerei, Musik und Theater eindrucksvoll vereint. Bei Lehmbuck handelt sich um die Dokumentation der Epoche um 1910 am Montparnasse. Doch grundsätzlich findet die kreative Inspiration findet in allen Epochen unserer menschlichen Evolution statt. Dies zeigen bereits sehr eindrucksvoll die bisher bekannten Höhlenmalereien. Daher ist es sehr wünschenswert das es im Hier und Heute wieder Menschen gibt die sich nicht vom Tellerrand in ihrem Denken zurück halten lassen und auf ein Chipimplantat verzichten. Denn sicher ist, diese Inspiration wird sich nicht allein auf die Kreativen, sondern auch auf alle Betrachter und Zuhörer auswirken.
Will Rumi / Redaktion / der Ötsch